Austerlitz, Friedrich: Brief an Arthur Rössler. Wien, 19.7.1921
Arbeiter=Zeitung
Zentralorgan der Sozialdemokratie Deutschösterreichs
Wien V, Rechte Wienzeile Nr. 97
Telephon Nr. 880 und 900
Postsparkassen=Scheck=Konto
Nr. 19.210
Wien, am 19. Juli 1921. ....192.....
Geehrter Herr Kollege !
Von einem Parteigenossen aus Hietzing habe ich
angeblich im Auftrage einer grösseren Anzahl von Par-
teigenossen dieses Bezirkes Ende März eine Zuschrift
erhalten, die sich gegen eine Kritik der Arbeiter-Zei-
tung wendet. In dem Schreiben heisst es :
In der gegenwärtigen Ausstellung der Sezession
trat ein parteigenössischer Künstler Theodor Klotz-
Dürrenbach mit einer Kollektion von Bildern und Gra-
phiken an die Öffentlichkeit, mit der er in mutvoller
Weise einen Ausschnitt aus seiner Weltanschauung vor-
führt. Er bringt in den Bildern die Hauptmotive gesun-
den und geistig vertieften Naturlebens, Lebensglück
und Lebensoffenbarung, in impulsiver, durchwegs selb
ständiger Formensprache, zum Teile ganz neue Gedanken:
Das Proletarierkind aus dem öden Fabriksviertel,
das am Rande einer Lehmgrube seine Ziegen in dürftigem
Heidegras weidet, in Träumen versunken, die ihm den
Tümpel in der Grube zum Märchensee werden lassen; den
Jüngling, der ins Gewitter hineinstürmt und in seinem
Kräfteüberschuss die Vereinigung mit den tobenden Ele
menten sucht - ein Bild voll überschäumender Kraft;
ein Menschenpaar, dem Wunder des Sonnenaufganges ent-
gegenschreitend, ganz umflossen und aufgelöst vom blen
denden Licht - in Ihm fast aufgegangen; den alternden
Mann, der nach den Irrtümern und Irrfahrten des Lebens
zur Natur zurückfindet und in der Erkenntnis der All-
natur die Offenbarung des Lebenssinnes findet. Diese
Bilder sind Hohelieder an die Natur von seltener Tiefe
und Wahrhaftigkeit der Empfindung voll starken gesun-
den Glaubens an den Jungbrunnen Natur und finden