Eulenberg, Herbert: Brief an Oskar Maurus Fontana. Kaiserswerth, 18.12.1931
Kaiserswerth am Rhein, den 18. Dezember 1931
Liebes Möhrchen!
Wir sind Ihnen ei/nen Brief schuldig, auf Ihr
letztes, schönes Schreiben. Und der soll heute endlich von Stapel
gehen. Die Zei ten haben sich freilich seit dem nur noch mehr für
mich ve rdüstert. Und wenn nicht hin und wieder noch ein Sonnen-
strahl auf unser schönes Haus fiele, könnte man fast verzweifeln.
Von Alma Mahler und Franz Werfel, den beiden Treulosen, habe ich
nichts vernommen. Ich hatte mich an beide brieflich gewandt und
sie gebeten, doch wegen des Verlages eines meiner Romane bei Paul
Zsolnay vorstellig zu werden. Die beiden haben mir aber nicht
mit einer Silbe geantwortet. Dabei habe ich drei lange Briefe
mit eigener Hand geschrieben, an ihn, Werfel, sowie an seine
ihm jetzt wohl fest angetraute Alma. Nichts, nicht einmal ein
Telegramm kam darauf zu mir zurück. Auch Dr. Nüchtern scheint
gegen mich vollkommen verstummt zu sein. Er lässt jedenfalls
gleichfalls kein Wort von sich hören. Der Abschied, den Anton
Wildgans vom Burgtheater genommen hat, ist mehr als kläglich.
Ich finde es äusserst niedrig, einen solchen Posten nur mit dem
Hintergedanken anzutreten, sich recht bald pensionieren zu las-
sen, um dann, ohne etwas geleistet zu haben, von den Geldern, die
andere Leute verdienen müssen, leben zu können. Der Mann hat den
letzten Rest von Achtung, den er bei mit hatte, nun völlig ver-
loren. Wie sieht es sonst in Wien aus? Hoffentlich weniger grau
und hoffnungslos, als hier bei uns. Lassen Sie doch recht bald
wieder einmal etwas von sich hören. Ich freue mich über jede
Zeile, jeden Gruss, der mir von Ihnen zufliegt. Haben Sie Louis-
chen Rainer einmal kennen gelernt? Und bewährt sie sich in
Ihrem Capua? Die Wiener Theater haben mich offenbar auch gänz-
lich vergessen. Ich bin in diesem Jahre noch fleissiger gewesen,
als je zuvor. Habe zwei Romane, drei Stücke, drei Novellen, etz-
liche Einakter und Hörspiele geschrieben. Und habe dazu noch