Brecher, Gustav: Brief an Ernst Krenek. Leipzig, 10.6.1930
Städtische Theater in Leipzig
Der Operndirektor
Fernruf 72041
Leipzig, am 10.Juni 1930.
Herrn
Ernst Krenek,
Landhof, Post Dölsach
Osttirol.
Sehr verehrter lieber Herr Krenek,
„Orest” fängt nun an, das zweite Mal durch Abonnement
zu gehen und ist wiederum sehr gut besucht gewesen, allerdings
nur relativ sehr gut, denn unsere ganzen Einnahmen sind natür-
lich im Zusammenhang mit der schweren jetzigen Wirtschaftskrise
erheblich zurückgegangen. Für diese bedauerliche Tatsache
bietet einen moralischen Trost wenigstens der Umstand, daß
sogar das Gastwirtsgewerbe arg darniederliegt und sogar die
Einnahmen bei den sportlichen Veranstaltungen etwas zurück-
gegangen sind!
Ich absolviere noch unmittelbar vor meinem Ferien-
beginn meine auf lange Zeit hinaus letzte „Uraufführung” :
Dressel „Rosenbusch der Maria”, eine Verpflichtung, die noch
vom Winter 1928/29 her auf mir lastet.
In nächster Saison mache ich von neueren Werken
höchstens eines und zwar wohl „Palestrina” ⁷. Es macht wirk-
⁷ Für die „Palestrina”-Inszenierung werde ich wieder hier etwas ge-
stiftet bekommen, aber diesmal von anderer Seite; ich bin neugierig,
ob auch da wieder „Onkel Heinrich” in Aktion treten wird!