Geiger, Ludwig: Brief an Ottilie Franzos. Berlin, 22.1.1916
GEH. REGIERUNGSRAT
PROFESSOR DR. LUDWIG GEIGER
b. 19/2 16
BERLIN, DEN 22.I. 1916
W. 50, SCHAPERSTR. 8.
Liebe Ottilie,
Ich danke Dir sehr für Deine zwei Briefe. Du wirst wohl ,
bevor dieser Brief in Deine Hände kommt, den Besuch unserer Edith
empfangen haben und über unser Befinden Näheres erfahren. Ich
gehe im Folgenden auf Deine Briefe ein:
Dass Emil sich auch mit dem Plane eines Neudrucks der
Burg'schen Selbstbiographie trug, wusste ich nicht. Uebrigens
hatte mich der Verleger dazu angeregt, der Gedanke ging nicht von
mir aus. Der Bericht von Krafft von Hohenlohe-Ingelfingen ist
in meiner Einleitung abgedruckt.
Die von Dir erwähnten Druckfehler habe ich in dem Neudruck
berichtigt.
Moschko von Parma hatte ich zum Zwecke meiner Broschüre
aufs Neue mit grossem Genuss gelesen, konnte es aber für meine
Zwecke nicht verwenden, ebensowenig das Gedicht von Frankl.
Die Notizen von Karoline v.Rochow haben mich sehr interes-
siert.
Mit Fontane hast Du wohlrecht. Aber die von mir angeführte
Stelle schien mir doch sehr charakteristisch und man muss, wie
ich glaube, gerade günstige Stellen eines heimlichen Antisemiten
festnageln.
Mit dem Buche von Olfers ist es mir geradeso gegangen wie
Dir. Ich stimme auch darin mit Dir überein, dass es sehr gut ge-
wesen wäre, über viele der angeführten Personen reichlichere
Anmerkungen zu machen. Was Du über Heine bemerkst, beruhr viel-
leicht doch auf einem Irrtum Deinerseits. Ich habe den ersten
Band augenblicklich nicht vor mir; sollte nicht aber vielleicht