Hanslick, Eduard: Brief an Hedwig Abel. Wien, 14.11.1893
Wien 14. Nov. 93
Mein liebes Fraülein!
Was sind Sie für ein liebes, originelles, geistreiches
Persönchen! Sie wären, in vollem Ernst, als Musik-
kritiker eine ganz vortreffliche Acquisition. Aber Sie
würden es kaum lange bleiben! Lassen Sie schnell Ihr
Haus, ihre Möbel, ihr Leben assekuriren! Die Künstler
würden es unternehmen, Sie mittelst Bomben oder
Heiratsanträgen unschädlich zu machen. Sie führen
ein sehr scharfes Schwert, – glauben Sie mir, daß es mit
der Zeit sich bedeutend abstumpft. Ihr Aufsatz über
Geiger ist höchst geistreich und charakteristisch; aber nach
vielem Überlegen u. Bedauern sah ich doch ein, daß
er für die "N. Fr. Pr" nicht recht verwendbar ist. Ein so
großer Aufsatz, so genaue scharfe Analyse, – über
einen ganz unbedeutenden Virtuosen. Solche Erscheinungen