Hofmannsthal, Hugo von: Brief an Raoul Auernheimer. Bad Aussee, 12.11.1925
Bad Aussee d 12/ XI 25
Lieber Herr Doctor Auernheimer.
Darf ich Sie auf die bei Fischer soeben deutsch
erschienen Biographie der Königin Victoria von Lvtton Strachey
aufmerksam machen. Das Buch enthält einige ausserordentlich gesenene
Figuren. Seinerzeit pflegte Wittmann dergleichen Dinge mit einer
gewissen Meisterschaft anzuzeigen. Ich glaube Sie könnten es in
einer noch hübscheren discreteren Weise tun und das Buch würde sich
recht dazu eignen.
Nun aber gehe ich zu etwas höchst unliterarischen über : dürfte ich
Sie mit einer ziemlich materiellen Bitte belästigen ? Oder zunächst
mit einer Anfrage, aus der sich eventuell eine Bitte ergeben wird; ich
hätte den grossen Wunsch mit meiner Frau im Februar für ein paar
Wochen nach Ägypten zu gehen um dort mit Freunden zusammenzutreffen
die das Land gut kennen und eine angenehme Gesellschaft wären.
Ich sehe nun, dass die Fahrpreise von Venedig nach Alexandrien ganz
enorm hohe sind. Dabei erinnere ich mich der schönen Vorkriegszeiten,
der grossen Gastlichkeit mit denen der Lloyd einen einzuladen pflegte
der besonderen Freundlichkeit Ihres Herrn Schwagers, der damals dessen
erster Functionär war, und wenn ich nicht irre heute noch der Leitung
angehört. Nun hat mich im vergangenem Jahr eine französische Schiff-
fahrtsgesellschaft von Marseille nach Marokko in der verbindlichsten
Weise zu Gast geladen , ebenso dann der Norddeutsche Lloyd mich ge -
beten von London nach Bremen sein Gast zu sein. . . . . . ich wage
eine so weitgehende Gastlichkeit von dem italienisch gewordenem,
Lloyd nicht zu erhoffen, aber vielleicht wäre es denkbar , dass auch
dort eine gewisse internationale Courtoisie herrscht, man mir etwa