Seewalchen , 10. August 1918.
Verehrter Herr Oberst ,
Lieber Freund !
Wie es in mir brennt , daß ich so unfähig zu jeglicher Arbeit
bin , so daß ich sogar dir gegenüber versagen mußte , ich kanns kaum be=
schreiben ! Aber denke : Meine Frau liegt mit operiertem Fuß ( Venenblutung
und Krampfadern sammt Fistel am Bein ) Gretel mit Rheuma , Brigittel mit
Abzeß im Nierenbecken bei hohem Fieber und Eiterharnen , ich selber bin mit
den Nerven so übel dran , daß ich mich vier Tage mit einem Artikel für dich
quälte , obwol ich ein Gefühl hatte , als zerrisse mir das Hirn dabei : so
zerriß ich lieber wieder alles schon Geschriebene . Es geht einfach nicht .
Ein freiwillig und mit Lust gewählter Romanstoff ist , trotz der
hundertfach größeren Arbeit, eine Wonne gegen die Pein solch bestellter Jour=
nalistentätigkeit und ich gebe dir mein ernstes Ehrenwort , daß ich einem
Andern als dir, solche Arbeit nicht um tausend Kronen für die Druckseite leis=
ten würde ; jetzt nicht !
Lassen Krankheit und Nervenkrise nach , so versuche ichs von
neuem . Ich werde aber etwas von der Südbahnstrecke nehmen . Die Südbahn hat
mir für meine Verdienste um ihre Gegenden eine Freikarte gegeben;die Staats=
bahnen mir , trotz meiner Berufung auf die Hunderttausende , die meine Bücher
auf ihre Strecken gezogen haben , eine solche geradezu unhöflich und ohne je=
de erklärende Motivierung verweigert . Ich werde forthin in meinen Schriften
der Staatsbahn ausweichen , wo sich dies tun lässt , ohne künstlerisch etwas
zu verfehlen . Weißt Du , daß es hübsch wäre , wenn Du , als Chef einer so ge=
lesenen Zeitung, der Direktion der Staatsbahnen das mitteilen würdest ?„Ich
hätte , (mit obiger Begründung ) jede Arbeit über irgend ein Gebiet der
Fr. R
Verehrter Herr Oberst ,
Lieber Freund !
Wie es in mir brennt , daß ich so unfähig zu jeglicher Arbeit
bin , so daß ich sogar dir gegenüber versagen mußte , ich kanns kaum be=
schreiben ! Aber denke : Meine Frau liegt mit operiertem Fuß ( Venenblutung
und Krampfadern sammt Fistel am Bein ) Gretel mit Rheuma , Brigittel mit
Abzeß im Nierenbecken bei hohem Fieber und Eiterharnen , ich selber bin mit
den Nerven so übel dran , daß ich mich vier Tage mit einem Artikel für dich
quälte , obwol ich ein Gefühl hatte , als zerrisse mir das Hirn dabei : so
zerriß ich lieber wieder alles schon Geschriebene . Es geht einfach nicht .
Ein freiwillig und mit Lust gewählter Romanstoff ist , trotz der
hundertfach größeren Arbeit, eine Wonne gegen die Pein solch bestellter Jour=
nalistentätigkeit und ich gebe dir mein ernstes Ehrenwort , daß ich einem
Andern als dir, solche Arbeit nicht um tausend Kronen für die Druckseite leis=
ten würde ; jetzt nicht !
Lassen Krankheit und Nervenkrise nach , so versuche ichs von
neuem . Ich werde aber etwas von der Südbahnstrecke nehmen . Die Südbahn hat
mir für meine Verdienste um ihre Gegenden eine Freikarte gegeben;die Staats=
bahnen mir , trotz meiner Berufung auf die Hunderttausende , die meine Bücher
auf ihre Strecken gezogen haben , eine solche geradezu unhöflich und ohne je=
de erklärende Motivierung verweigert . Ich werde forthin in meinen Schriften
der Staatsbahn ausweichen , wo sich dies tun lässt , ohne künstlerisch etwas
zu verfehlen . Weißt Du , daß es hübsch wäre , wenn Du , als Chef einer so ge=
lesenen Zeitung, der Direktion der Staatsbahnen das mitteilen würdest ?„Ich
hätte , (mit obiger Begründung ) jede Arbeit über irgend ein Gebiet der
Fr. R