Kienzl, Wilhelm: Brief an Nina Kienzl. Bad Aussee, 25.6.1915
„Teichschlössl“ (jetzt zum Major vorgerückt)
ist auf ein paar Tage aus Russisch-Polen hier,
um nun auf den italien. Kriegsschauplatz
zu gehen. Er zeigte uns eine Menge hochinter-
essanter Trofäen, die er mitgebracht (Waffen,
Geschosse, Pferde, Schätze). Klavier - Dank der
Bemühungen des Schwagers Henny's - u. Grazer
Colli sind seit 8 Tagen hier. Das Wetter
ist immerfort wundervoll, ja für
die Ernte zu schön, da die Trockenheit be-
reits bedenklich ist. ---
Der Tod der teuren Freundin Stadlinger (zu
Linz auf Besuch weilend) hat uns sehr an-
gegriffen. Die liebten wir beide! Sie ver-
diente es auch. Wir kondolierten telegrafisch
u. brieflich u. gaben einen Prachtkranz mit
bedruckten Schleifen zum vorgestrigen Be-
gräbnis, der - 20 Kronen kostete.
Nun ist für Dich die traurigste Erinnerungs-
zeit des Jahres angebrochen! 13 Jahre!!
Ich denke nun doppelt liebevoll Dein.
Gleichzeitig gehen 2 Kronen für Blumen
auf Papas Grab zum 1. Juli an Dich ab.
Bitte, besorge sie gütigst! Hari lasse
ich für seinen lieben Brief danken. Für seine
pünktl. Besorgungen besten Dank. Wann reist
er nach Liezen? Und nun umarme ich
Dich innig, liebe Mama, u bleibe Dein treuer
u. dankbarer Sohn Wilhelm (im Hain)