Klenau, Paul von: Brief an Alban Berg. Frankfurt, Main, 2.9.1933
2ten Sept. 33
Neue Mainzerstrasse 39
Frankfurt Main.
Lieber Freund Alban,
Deinen sehr lieben Brief bekamm ich gestern,bei meiner Ankunft
hier.-Ich war glücklich von Dir so gute Nachrichten zu haben:
Arbeit am Schreibtisch und Klavier,und eine im Garten und Haus
tätige Helene..das klingt doch erfreulich.--Vielleicht komme
ich schon irgendwann im September nach Wien,dann möchte ich doch
unbedingt versuchen Euch auf einen Tag zu besuchen,um Euren
Herren-und FrauenSitz zu sehen; vor allem allerdings um Euch
Beiden zu sehen und zu sprechen.-
Meine Dispositionen hängen natürlich jetzt ganz und gar von
Stuttgart ab.-Der Termin ist auf den 28 Oktober festgestellt.-
Ich will dieser Tage nach S. hinüberfahren,um gleich am Anfang
den richtigen Kurs für das Schiff (für Kapitain,Steuermann und
Mannschaft) anzugeben.-Erst wenn ich dort war ,will ich bestimmen,
ob ich bis zur Aufführung in der Nähe wenigstens bleibe- (vielleicht
Sassbachwalden,wo ich so herrliche Ruhe hatte letztes Jahr.) oder
ob ich ---incognito e.h. nur und alleine für Euch erreichbar,nach
Wien komme und meine Wohnung beziehe.-
Ueber das Schicksal S's hörte ich,allerdings von nicht sehr
wohlwollender Seite.-Ich finde seinen Entschluss höchst
nobel - - Er hat mit seinem scharfen Verstand , und seinem
Ethos die einzige richtige und mögliche Lösung der Juden-
frage erkannt.-
Dir und Helene die innigsten Grüsse.-Frau Professor bittet
herzliche Grüsse auszurichten.-
Immer Dein alter
Paul.