Leb, Josef: Brief an Maia von Kralik. Wien, 13.9.1932
JOSEF LEB
WIEN, I., SEILERSTÄTTE 28
TELEFON R 24-9-12
Wien, am 13. September 1932
L/EL.
Verehrte gnädige Frau !
Ich bin überaus gerührt über Ihren Brief betref-
fend die Vorlesung mei nes Sohnes. Es hat sich sehr gut getrof-
fen, dass er durch meine Verhinderung in die für ihn überaus
wertvolle Lage gekommen ist, in Ihrem Hause erscheinen und spre-
chen zu dürfen. Ich wüsste nicht, was ich ihm Wertvolleres für
seinen weiteren geistigen Aufbau hätte tun können.
Was meine Memoiren betrifft, so si nd sie
nicht ohne weiteres für die Öffentlichkeit bestimmt, so ndern
für unser sehr ausgebautes Familienarchiv. Die Person des Mei-
sters Kralik wird in den weiteren Kapiteln eine sehr bedeuten-
de Rolle spielen, weil ich die Familiengeschichte immer mit der
Kulturgeschichte der Stadt Wien verbinde. Ich weiss nicht, ob
es unbescheiden ist, wenn ich mir hier erlaube, ein Tagebuch
meines Vater zu übersenden, das allerdings nur die religiösen
Stellen enthält.
Ich bleibe mit dem Ausdrucke getreuer Verehrung
ergebenst
Josef Leb