Loos, Lina: Brief an Rudolf Beer. Sievering, 12.8.1930
Sievering, den 12. August 1930
Sehr geehrter Herr Direktor!
Die Situation ist folgende: Ich habe Doktor Egon Friedell fest versprochen,
am 1. September auf Urlaub zu gehen, und Ihre Bewilligung dazu
erhalten. Nun habe ich aber Ihnen, sehr geehrter Herr Direktor, bei
Vertragsabschluss andererseits wieder versprochen, wenn Sie auf die
eine oder die andere Rolle besonderen Wert legen, sie trotz Urlaub
zu spielen.
Dass diese Situation bereits am 1. Sept eintreffen würde, war überraschend.
Dieses Problem ist nur auf folgende Weise zu lösen: Wenn Sie darauf
bestehen, dass ich die Rolle in „Moral” spiele, werde ich mein Wort
halten und spielen.
Egon Friedell werde ich sagen, ich spiele während meines Urlaubes,
weil es mir Freude macht. (Es macht mir ja wirklich Freude,
Ihnen, Herr Direktor, gefällig zu sein!)
Selbstverständlich müssen Sie einsehen, sehr geehrter Herr Direktor -
und dies meine Bedingung - dass ich
während dieser Zeit bei Ihnen nicht in Gage stehen kann.
Ich kann mir doch unmöglich eine solche Freude bezahlen
lassen!!
Ihr - Ihnen wegen vieler Dinge - dankschuldiges
Mitglied
Lina Loos