Loos, Lina: Brief an Gustav Grotte. o.O., 9.4.1918
9. ?April 1918
Mein lieber Doctor Grotte!
Zuerst will ich Ihre Briefe beant=
worten. Ich esse wirklich genug! Es geht mir wieder
recht gut! Ich danke Ihnen schon im Voraus für
die Sachen die Ihr Diener bringen wird, ich freue mich
schon sehr. Wenn ich nur wüsste was ich Ihnen
senden könnte. Brauchen Sie garnichts? Das Buch von
Schopenhauer ist nicht zu haben. Wenn in Ihren
Träumen, Menschen, Worte und Phrasen gebrauchen, die
Sie nie angewandt haben, so achten Sie einmal darauf
ob diese Menschen sie nicht gebrauchen könnten. Egon
und ich, sind da hintergekommen, dass andere Menschen
im Traum nie etwas thun, was nicht ganz und gar
zu ihnen past. Im Traum ist man oft mehr
phsychologisch als im Leben.
Sonntag mit Fr. Fr. und B. Meierei, Cobenzl, Cobenzlcafé.
Mit beiden nach Wien gefahren, angezogen und
zum Tanzabend „Baron Sewitz, Lo Hesse” gegangen.
Fr. Fr. und B. Traute und Fränkel wir waren alle.
Der Baron ist der Sohn eines deutschen General! Mir
hat er nicht gefallen. Dann Café Casa.
Montag wolte ich den ganzen Tag in der Wohnung
bleiben bei der Mutter, aber um 1/2 7 Uhr telefonierte
man, mein Vetter Heinerich sei im Café. Ich habe
Ihnen geschrieben, er will meinen Rat ob er heiraten
soll oder nicht. Er brachte mir 3 Zitronen aus
Constantinopel mit, sprach von allen möglichen
nur nicht davon. Ich sagte schliesslich „Du wolltest
mich doch sprechen?” Er: „Ist schon aus”
Und dazu musste ich in das Café kommen.
Ich blieb mit B. und seinem Schwager der aus
Krakau gekommen ist bis 10 Uhr unten.
Dienstag Vormittag nach Sievering, Mittag-essen
brachte mir die Mutter wir haben dann bis 5 Uhr