Noder, Anton Alfred: Brief an Ernst Krenek. München, 25.11.1928
München,Alexandrastr.1.I. 25.XI.28
Sehr verehrter Herr Professor!
Für Ihre Antwort auf meinen "Nabelhirn" danke ich bestens,wenn mir
auch gerade bei Ihrem wunderbaren Verständnis für seine Werte und
"Valeurs" der Ausschluss unsrer Zusammenarbeit doppelt leid tut.
Doch,was nicht ist,kann noch werden.Vielleicht finden Sie in einem
meiner übrigen Bücher Stoff und Anregung. Ich stelle gern etwas zur
Verfügung und werde nicht ermangeln, Sie zu besuchen,sobald ich nach
Wien komme.
Dass "Nabelhirn" kein bequemes Schicksal haben wird,weiss ich. In
Deutschland sind die Köpfe gezählt,die es vertragen,wenn man den
Sieg der Kopflosigkeit geisselt. Nur in Musik gewickelt,wäre solch
bittre Pille geniessbar, - aber der wahre Apotheker streikt...
Ich bleibe indess verbunden für Ihre Idee,es mit dem Film zu ver-
suchen. Für ihn natürlich wären sowohl die grotesken wie die Wirk-
lichkeitsvorgänge darstellbar; man müsste nur jenen aufrechten und
zugleich gewandten Bearbeiter finden,den der Inhalt erfordert,ohne
verpfuscht oder verpöbelt zu werden. Kennen Sie vielleicht aus Ihrem
persönlichen oder künstlerischen Verkehr dergleichen Leute? Dank
voraus!
An der Donau wird Ihrem Schaffen sicher eine starke Resonanz
antworten in der Öffentlichkeit,aber das Einleben als Mensch ist
dort nicht leicht,selbst heute,wo manche zeremonielle Schranke ge-
fallen und die Reserviertheit der Gesellschaft durch den roten Wind
bereits mehr gelockert ist. Meine Frau und ich würden uns freuen,