Reiter, Josef: Brief an Elsa von Millenkovich. Wien, 31.5.1915
Wien 31. Mai 1915
Liebe, teure Mama!
Verzeihen Sie, daß ich erst heute mich
melde. Ich habe seit einer Woche jeden Tag
versucht, das Tiroler-Gedicht der Gräfin
in Töne zu setzen; nie konnte ich die von
der Dichterin gewollte und gewünschte
volkstümliche Melodie finden. Die einzelnen
Gesätze sind nämlich rythmisch ganz
und gar nicht unter einen Hut zu brin=
gen: die Weise also, die ich fürs erste
Gesätz erfinde, paßt nicht fürs zweite
dritte u. s. f. die fürs zweite oder
dritte erfundene nicht fürs erste.
Die musikalische Betonung ist eben