Rühle, Otto: Brief an Andreas Thom. Dresden, 12.9.1925
ERZIEHUNGS-GEMEINSCHAFT
DAS PROLETARISCHE KIND
DRESDEN (BUCHHOLZ-FRIEDEWALD)
12. Sept. 25.
Herrn Andreas Thom, Wien
Sehr geehrter Herr!
Mit Bedauern haben wir Kenntnis genommen von Ihrem Entschluss,der
Erziehungs-Gemeinschaft Das proletarische Kind nicht mehr als Mit-
glied angehören zu wollen. Sollte der Grund Ihres Ausscheidens da-
rin zu suchen sein,dass Sie aus wirtschaftlichen Gründen den Bei-
trag von M2 im Vierteljahr nicht aufzubringen vermögen,so erbieten
wir uns,Ihnen ein Freiqartal (drei Hefte und eine Buchbeigabe) zu
gewähren für den Fall,dass Sie der Gemeinschaft 5 neue Mitglieder
zuführen. Im Hinblick auf die mit Macht einsetzende Schulreaktion
ist es von allergrösster Wichtigkeit,dem Erziehungsproblem grössere
Beachtung als bisher zuzuwenden,besonders der Erziehung des Kindes
im vorschulpflichtigen Alter. Es existiert aber keine andere Zeit-
schrift oder Organisation,die diese Aufgabe so gründlich undernst-
haft im Sinne des proletarischen Klassenkampfes löste wie die Er-
ziehungs-Gemeinschaft Das proletarische Kind. Sie verdient deshalb
die nachdrücklichste Unterstützung durch Mitgliedschaft und Werbe-
arbeit. Wir übersenden Ihnen gern Werbematerial und die Adressen
von anderen Mitgliedern Ihres Wohnortes zwecks Fühlungnahme zu ge-
meinsamer Wirksamkeit. Bitte schreiben Sie uns,wie Sie sich dazu
stellen,welche Wünsche Sie evtl.haben und ob wir die Hoffnung ha-
ben dürfen,Sie wieder als Mitglied begrüssen zu können.
Mit dem Ausdrucke bester Empfindungen und besonderer Hochachtung
Otto Rühle
Mit Grüßen von Lehrer Oßwald, der Ihre Adresse gab.