ARNOLD SCHÖNBERG
CHARLOTTENBURG 9
NUSSBAUM-ALLEE 17
TEL.: WESTEND 2266
13.VIII.1929
Lieber Görgi, ich habe jetzt durch mehr als sechs Wochen täglich
nahezu 12 Stunden gearbeitet, um mit meiner Partitur fertig zu
werden und war natürlich immer zu müde, um dir zu schreiben.
Ich habe dir nur rasch, als vorläufigen Ersatz für einen Glückwu
wunsch, fünfzig Schilling gesendet, die du hoffentlich erhalten
hast? Du hast allerdings einen Glückwunsch ebenso nötig, Denn
es ist keine kleine Aufgabe für dich in deiner gegenwärtigen
Situation Frau und Kind mitzuernähren. Ich wünsche also mir
und dir das Glück, dass deine neue Lebenslage aus dir einen
tüchtigen, brauchbaren und fleissigen Menschen machen möge, der
keine Arbeit scheut und dem kein Opfer zu gross ist, als dass
er es nicht gerne, freiwillig, zur Erfüllung der Pflichten bräch-
te, die er sich selbst aufgeladen hat. Hoffentlich kommt
nun dein wahrer Charakter zum Vorschein und du zeigst wenigstens
durch Fleiss und Pflichttreue, dass du mir ähnlest. Du wirst es
sehr nötig haben, mehr als die Geschäftszeit zur Arbeit zu ver-
wenden und es ist da weiter auch nichts dabei: Glück bringt
nur Geld, das man selbst erarbeitet hat.
Du fragst mich, ob du deine Tochter Tove nennen darfst.
Du darfst selbstverständlich. Aber ich würde dir abraten es zu
tun. Es ist sehr ungünstig, einen ungewöhnlichen Namen zu haben,
da Kinder in der Schule damit viel sekiert werden und den El-
tern dafür nicht dankbar sind. Am besten ein ganz gewöhnlicher
Name.
Nun zum Schluss(denn ich muss Post von 6 Wochen erledi
gen) möchte ich noch gerne wissen, wie es deiner Frau, dem Kind
und dir geht. Hat deine Frau sich bald erholt? Ist das Kind ge-
sund? Wie gehts dir im Geschäft? Hast du Aussicht, vorwärtszukommen?
Schreibe mir bald! Viele herzlichste Grüsse auch an dei
ne Frau, dein
Papa
Wo wohnst du?
Wie stehts mit der Aussicht
auf eine Wohnung?
CHARLOTTENBURG 9
NUSSBAUM-ALLEE 17
TEL.: WESTEND 2266
13.VIII.1929
Lieber Görgi, ich habe jetzt durch mehr als sechs Wochen täglich
nahezu 12 Stunden gearbeitet, um mit meiner Partitur fertig zu
werden und war natürlich immer zu müde, um dir zu schreiben.
Ich habe dir nur rasch, als vorläufigen Ersatz für einen Glückwu
wunsch, fünfzig Schilling gesendet, die du hoffentlich erhalten
hast? Du hast allerdings einen Glückwunsch ebenso nötig, Denn
es ist keine kleine Aufgabe für dich in deiner gegenwärtigen
Situation Frau und Kind mitzuernähren. Ich wünsche also mir
und dir das Glück, dass deine neue Lebenslage aus dir einen
tüchtigen, brauchbaren und fleissigen Menschen machen möge, der
keine Arbeit scheut und dem kein Opfer zu gross ist, als dass
er es nicht gerne, freiwillig, zur Erfüllung der Pflichten bräch-
te, die er sich selbst aufgeladen hat. Hoffentlich kommt
nun dein wahrer Charakter zum Vorschein und du zeigst wenigstens
durch Fleiss und Pflichttreue, dass du mir ähnlest. Du wirst es
sehr nötig haben, mehr als die Geschäftszeit zur Arbeit zu ver-
wenden und es ist da weiter auch nichts dabei: Glück bringt
nur Geld, das man selbst erarbeitet hat.
Du fragst mich, ob du deine Tochter Tove nennen darfst.
Du darfst selbstverständlich. Aber ich würde dir abraten es zu
tun. Es ist sehr ungünstig, einen ungewöhnlichen Namen zu haben,
da Kinder in der Schule damit viel sekiert werden und den El-
tern dafür nicht dankbar sind. Am besten ein ganz gewöhnlicher
Name.
Nun zum Schluss(denn ich muss Post von 6 Wochen erledi
gen) möchte ich noch gerne wissen, wie es deiner Frau, dem Kind
und dir geht. Hat deine Frau sich bald erholt? Ist das Kind ge-
sund? Wie gehts dir im Geschäft? Hast du Aussicht, vorwärtszukommen?
Schreibe mir bald! Viele herzlichste Grüsse auch an dei
ne Frau, dein
Papa
Wo wohnst du?
Wie stehts mit der Aussicht
auf eine Wohnung?