Blaschitz, Philomena: Brief an Hans Ankwicz-Kleehoven. o.O., 5.4.1932
5.April 1932.
Sehr verehrter Herr Doktor!
"Ein bisschen spät----"werden Sie mit hinaufgezogenen Augenbrauen
sagen.Stimmt.Ich bitte auch vielmals dafür um Entschuldigung.
Ich habe diesen Brief verschoben und verschoben, nicht aus Bummelei,
sondern weil er mir sehr schwer fällt.Jetzt aber hat sich das peinliche
Gefühl,dass ich Ihrer Frau längst eine Jour-Entschuldigung schuldig
bin,derart aufgestaut,dass es diese dummen Hemmungen wegschwemmt.
Ich hätte mich ja mit 3 Sätzen entschuldigen können „gesundheitshalber”.
Ich habe ja das ehrliche Recht dazu, denn jeder „Menschenwirbel” schadet
mir.
Aber wenn jemand freundlich und hilfsbereit ist, bringe ich nicht um die
Welt zuwege, dass ich nicht die richtige Wahrheit sage.Es war wegen
der Hedi Pistorius.Als Sie mich fragten "macht es nichts, wenn ich die
Hedi einlade?"musste ich doch sagen " o nein, im Gegenteil", denn ich
werde Ihnen allen doch diesen hocherfreulichen Anblick und eben die
ganze Hedi nicht meinetwegen verderben!Niemals tu ich das.Jugend ist
immer wichtiger.
Mit Hedi aber ist das so, und es fiel mir so lange schwer, es genau
zu erklären,so dass Sieverstehen, dass ich nicht aus einem hässlichen
Urteil gegen sie oder aus Abneigung den Abend mied.
Hedis Mutter ist sehr schwer hysterisch,derart zänkisch, dass sich
der alte Herr Pistorius, der längst 60 war, noch von ihr trennte und
in einem kleinen Wirtshaus in Türnitz lebt.Hedis Brüder stehen ganz
auf Seite der Mutter,denn der Vater zahlt ja nur--- und ist im übrigen
"lästiger"gewesen als die ihre Söhne anbetende Mama.