Friedländer, Alice: Brief an Elise und Helene Richter. 9.11.1918
Mir wird es noch schwer, Briefe zu schrei-
ben. Nur an Papa schreibe ich ausführlich.
Von ihm könnt Ihr Alles erfahren.
Es ist mein einziger Trost, dass der Tod
so jäh war, dass es ihn ahnungs= und
schmerzlos getroffen hat. Ein Volltreffer zer-
trümmerte den betonirten Beobachtungsunter-
stand, in dem er in vorderster Linie (bei
der Infanterie) mit mehreren anderen war.
Und jetzt kommt Waffenruhe ! 12 Tage zu spät.
Schwer, darüber nicht verrückt zu werden.
Dass Ihr unsere Bitte, es den Eltern mitzu-
theilen, nicht erfüllt habt, konnten wir nicht
begreifen. Wie haben uns mit Absicht nicht
an Frau H. gewendet, weil sie es bei Walthers Tode
so brutal gemacht hatte. -
Franz konnte noch nicht kommen, er hat einen
grässlichen Vorgesetzten, dem es Freude macht,
Menschen zu quälen. Wir hoffen, dass er wenigstens
nächste Woche kommt. - Lebt wohl, verzeiht
die Kürze. Immer Eure Alice