Kosel, Hermann Clemens: Brief an Franz Karl Ginzkey. Wien, 14.9.1924
Der buchhändlerische Erfolg meines „Dürer“ ist über Er=
warten groß. Der Verlag rüstet bereits zum zweiten 10'000.
Das wird mein „Michelangelo“ freilich nicht erleben, weil ich
dieses Buch nicht so volkstümlich geschrieben habe.
Nun kommt mein Roman „Elisabeth Vigé[e] le Brun“ in
Druck. So Gott will, erlebe ich die Herausgabe meiner ganzen
Serie kunsthistorischer Romane, die mit „Waldmüller“
abschließt. Es war ja eine große Aufgabe, die ich mir da
stellte, vielleicht entschädigt mich der Erfolg für diese auf=
reibende Studien= und Schreibarbeit. (9 Bände.)
Ich hoffe, daß Sie und Ihre Frau Gemahlin sich wohl befinden.
Die schönen Erzählungen, welche Sie in der neuen Freien Presse
erscheinen ließen, und gestern wieder, haben meine Gedanken
so oft zu Ihnen geführt und mir tiefste Freude bereitet. Gestern
sagte ich meiner Frau, - die sich, der Erfolge halber, nun ganz
und gar darein ergeben hat, daß ich schreibe, - Herr Ginzkey
hat ganz auf mich vergessen. Sie aber tröstete mich und sagte:
er hat nicht vergessen, so edle Naturen sind treu, er wird dich
schon wieder besuchen. - Und heut kommt Ihr liebes Schreiben,
als kämen Sie selbst, mich zu erfreuen.
Ich hoffe Sie, bei Ihrer nächsten Anwesenheit in Wien,
sprechen zu können um doch etwas aus Ihrem Leben und
Schaffen zu erfahren.
Seien Sie aufs herzlichste begrüßt von Ihrem Dankbaren,
Sie allezeit hochschätzenden
H.C.Kosel.
Wien am 14. Sept. 1924.