Lucka, Emil: Brief an Franz Servaes. Wien, 10.4.1934
Gästen selten allein kommt. Ich begann sofort mit einer
Hefe-Kur, ob sie helfen wird, weiß ich noch nicht. Die
Schmerzen wären ja allenfalls zu ertragen, aber diese
Ungewissheit ist quälend. Es kann ja leicht sein, dass
es gut wird und nach einer Zeit wieder kommt, und
auf einer Reise ist so was wenig erfreulich, kann
sie ganz aufhalten. Ich weiß also im Augenblick gar
nichts, wahrscheinlich ist nur, dass wir im Sommer
irgendwo in Tirol sitzen wie auch sonst. Du
willst ja, glaube ich, den Sommer bei Deiner
Schwägerin in der Mark zubringen?
Du sagst, dass Du jetzt ohne Dagny und
Evi bist, soll ich daraus schließen, dass sie wieder
in Wien leben?
Heute lese ich in der Zeitung, dass der
Sohn von Erika Spann „das Bertchen“, schon Dr. juris
übrigens von der Polizei gefasst wurde, wie er
eben einen politischen Häftling aus dem Gefängnis
im Auto entführen wollte. Sehr romantisch, wird
ihn mit einer Glorie umgeben. Auch ihr Mann
war kürzlich in Disziplinar-Untersuchung, jetzt ist
sie niedergeschlagen. Gern wüsste ich, wie er seinen
schroffen Katholizismus mit dem neuen Heidentum
ausgleicht.
Für heut sage ich Dir Lebewohl, wenn Du einmal
über Deine neuen Zustände hören lassen willst, so wäre mir
das sehr erfreulich. Lass es Dir gut gehen und sei innig
gegrüßt! Dein alter Freund
EL