Michalek, Ludwig: Brief an Marie von Ebner-Eschenbach. Lienz, 24.7.1914
sie ist glücklich verlaufen und ich konnte
im Auftrag des Herrn Louis Wittgenstein
in einer künstlerischen Vertrauenssache
auf 3 Tage nach Mailand reisen.
Dieser plötzliche Auftrag hat mich wohl
herausgerissen aus der Gemüths-
Depression, aber doch auch übermüdet
- hatte mir auch eine heftige Luft=
röhren-Erkältung auf der Reise zugezogen
- kurz in Wien angekommen war ich
krank und meine gute Frau auch an
einer Angina erkrankt. - Die
Krankenpflege an unserer Tochter
Helene übernahm meine engelsgute
Schwägerin Ella Finger (die Schwester
meiner Frau) - sie brachte unser Kind
aus dem Sanatorium in ihr Haus
nach Döbling, wo ein schöner großer Garten
bei ihrem Hause ist und den Helene
benützen sollte - leider kam sie lange
nicht dazu - da sich an der Operations-
stelle ein Exudat bildete und das
arme Kinder wieder still liegen
und wieder still liegen mußte
- endlich war sie so weit von unserem
edlen guten Doktor Primarius Baylon
hergestellt, dass sie ihre Klasse am
Lyzeum zur Matura führen konnte