Payr, Erwin: Brief an Rudolf Holzer. Weißer Hirsch, Villa Dorn, 10.4.1918
Generalarzt
GEH. MED.-RAT PROF. DR. PAYR
DIREKTOR DER KGL. CHIRURG. KLINIK
Weißer Hirsch, Villa Dora,
DEN 10. April 1918.
MOZARTSTR. 7.
Hochgeehrter Herr Holzer!
Jch danke Jhnen herzlich für Jhr sehr freundliches Schreiben
vom 25. März. Jhre Mitteilungen haben mich in hohem Maße gefesselt und
danke ich Jhnen ganz besonders auch für den Hinweis auf Girardi, dem
ich nach Jhrem mir so freundlich gegebenen Rate gern schreiben werde.
Es wundert mich gar nicht, daß mein Onkel Exz. v. Guttenberg sich auch
an Sie gewandt hat. Das Schicksal Ferd. Sauters ist tatsächlich ein
derartiges, daß es der Feder eines Poeten wert ist. Es war ein schöpfe-
risch veranlagter Mensch durch und durch, dem es aber nicht gegönnt
war, seine großen Geistesgaben in einer durch eine entsprechend befrie-
digende Stellung gesicherten Lebensbahn zur Geltung zu bringen. Einige
seiner Gedichte sind von einer packenden Tiefe der Empfindung, seine
Grabschrift beispielsweise, ebenso wie das wundervolle Gedicht "Dahin",
das ich als eines seiner tiefst aus der Seele kommenden bezeichnen
möchte.
Das nächste Heft der Zeitschrift "Der Wächter" werde ich
mir zu verschaffen wissen, und habe ich mich selten im Leben so auf
eine Lektüre gefreut, wie auf Jhr Stück "Das Ende vom Lied". Sehr
dankbar wäre ich Jhnen, wenn Sie mich von dem Erscheinen Jhres Bühnen-
werkes in Buchform verständigen wollten. Wenn Jhr Stück für das Burg-
theater angenommen würde, so wäre das ein großer und wohlverdienter
Erfolg, den ich Jhnen von Herzen wünsche. Jch komme im Mai d.J. wahr-
scheinlich in einer beruflichen Angelegenheit nach Wien. Vielleicht