Abel, Othenio: Brief an Franz Karl Ginzkey. Wien, 1.5.1933
willigen Schäden,die man erhält,wenn man beim Rollen und Stampfen des Schif-
fes von einer Seit der Reeling auf die andere Seite rollt und dabei eine
Handtasche ins Meer fallen lässt oder wenn man sich die Nase anschlägt u.
dgl.mehr.Gottseidank,dass bei allen diesen Aventüren nichts ernstes passiert
ist.
Der wissenschaftliche Erfolg der Reise war ,das dürfen wir wohl sagen,
ausgezeichnet gelungen.Das stete Zusammenarbeiten der Fachleute aus den ver-
schiedensten Gruppen unserer Fakultät war tadellos,so dass der Archaeologe
vom Naturhistoriker und umgekehrt lernen konnte.Dies ist ja auch das grosse
Geheimnis des Erfolges aller früheren Universitätsreisen und so auch dieser
letzten gewesen.Ich habe in meiner Schlussrede an Bord davon gesprochen,dass
wir moderne Akademiker leider in der Mehrzahl der Fälle verlernt haben,uns
ein universelleres Wissen anzueignen und dass das Ideal des Goetheschen Men-
schen immer seltener wird.Jeder von uns,wenn er nicht immer energisch dage-
gen ankämpft,wird von den akademischen Pflichten des Alltags so sehr absor-
biert,dass den Wenigsten Zeit,Kraft und Lust dafür übrigbleibt,sich auch
sonst in der Welt umzusehen.Gerade wir von unserer Fakultät sollen aber ge-
gen diesen Abusus ankämpfen,sonst werden wir amerikanische Menschen und ver-
lieren das Niveau des kultivierten Europäers.In Amerika ist ja die Auftei-
lung und Zersplitterung der Interessenkreise selbst in wissenschaftlichen
Kreisen und vielleicht sogar hier am meisten eine ganz erschreckende und ich
habe in dieser Hinsicht in den Staaten die merkwürdigsten Erfahrungen ge-
macht.Darum sollen und müssen wir gegen die Auswüchse des Spezialistentums
so nachdrücklich als nur irgend möglich Stellung nehmen.Der Gewinn eines
gesteigerten Spezialistentums für die Wissenschaft ist nur ein scheinbarer,
der Nachteil ein ungeheuerer.Darum freut es mich ganz besonders,dass diese
Reise wieder einmal den geistigen Austausch innerhalb einer enger geschlosse-
nen Gruppe kultivierter Menschen gefördert hat,wobei jedem das Eine oder An-
dere zum bleibenden Gewinn geworden ist.