Batka, Richard: Brief an Wilhelm Kienzl. Wien, 17.8.1919
ei nun so laß er's bleiben. Jedenfalls wird er nicht verlangen, daß ich
bestellte Arbeiten liegen lasse und Libretti schreibe, an denen ihm so wenig
gelegen ist ...
Sie und ich - das ist ein anderer Fall. Und die Kellersche Legende,
die Sie mir vorschlagen - hab ich ja bereits gemacht, für Maestro Poldini,
vor elf Jahren! Er aber wußte, wie er mir ehrlich bekannte, schließlich
nichts Rechtes damit anzufangen, was ich bei ihm schließlich verstehe.
Seither liegt es, anständig honoriert, bei ihm. Ich will es mir von ihm
erbitten und Ihnen vorlegen, ob es Ihnen gefällt, und wenn dies der
Fall wäre, könnte man sich leicht mit Poldini einigen. Einiges würde
ich heute vermutlich ändern, aber im ganzen halte ich es für ein gelun-
genes Produkt meiner Muse, das gerade Sie famos vertonen würden.
Änderungen ganz nach Ihren Wünschen. Soll ich?
Vom guten Erfolg des "Kuhreigen" in Berlin habe ich bereits ge-
hört. Wenn nur auch Dresden zu machen wäre! Jedenfalls Dank
für die Nachricht! Im "Vorwärts" soll man's sehr gelobt haben. Lasen
Sie Näheres?
Ich selbst arbeite jetzt an Übersetzungen ital. Opern und an
einem Führer durch Schuberts sämtliche Werke für Ullstein, der sehr
gut honoriert. Hoffentlich setzt mich diese Brotarbeit in den Stand, bald
wieder nach freier Wahl zu arbeiten, was ich will. Meine Lage ist aber jetzt,
wo ich von böser Krankheit u. schweren Gemütsaffekten langsam genese,
eine solche, daß ich noch nicht Herr meiner Entschlüsse bin, zumal mir
die natürliche Aufgabe zufällt, für eine erwerbsunfähige Schwester zu