Grillparzer, Franz: Briefe an Katharina und Josephine Fröhlich. o.O., 1823

vom 10 Juli 1826. Liebe Kathy Wenn ich so selben schrieb, so war die Ursache davon nur zum Theile mein be­kauter Abscheu vor Feder u Tinte, ein anderer Theil muß aber auch dem Um­stande zugerechnet werden, daß ich allen Grund hatte zu hoffen auch bald mündlich sprachen zu können. Ich hatte nämlich einen Urlaub zu einer Reise nach Berlin an gesucht, und ihn auch erhalten, aber man will mir für die Zeit meiner Ab­wesenheit& meines Gehaltes abziehen, und das ist bei der unverantwort­lichen Art, wie ich mit meinem Gelde gewirthschaftet habe, gerade so viel als man mir die Reise selbst verbothen hatte. Ich bin zwar um Nachsicht dieser Abzüge eingekommen, aber ich habe wenig Hoffnung, u dann wird für jeden Fall die Sache so in die Lange gezogen, daß ich villeicht abreisen kann, wenn Ihr schon zurück gekommen sind Ich bringe meine Zeit zu wie gewöhnlich, mißmüthig, un­thätig. Scheinbar in guter Laune, das ist aber eben das schlimmste Zeichen, Denn wenn es mit meiner Heitarkeit am besten steht, bin ich still u zurück­gezogen, Lichtigkeit ist bei mir nur ein Betaubungsmittel u leider war ich in der letzten Zeit oft genöthiget darauf zurückzukommen. Ich gebe mir alle Stüche leserlich zu schreiben, aber, ich weiß nicht woher es kommt, ich habe in letzterer Zeit das Schreiben beinahe verlernt, kein Mensch kann mein Gekritzel lesen Man sagt mir, Beethoven habe den Auftrag mein Opern­buch für Berlin zu komponiren. Das wird mir neue Hudeleien geben. Indeß freut es mich um Wallishausers willen, der arme Teufel hat dies Buch gekauft u kann doch auf keine andre art zu seinem Gelde kommen. Ich denke oft an auch. Der Fortgang von Pacis Unternehmen inter ressirt mich sehr. Nun ist ihr Konzert wohl schon vorüber. Der Erfolg hoffe ich nächstens zu erfahren. Stundvikg aus Berlin, den ich hier sah, sagte mir zwar, der König von Preußen liebe die Musik nur in Theater, in Conzerte gehe er selten, aber wir wollen hoffen, daß 10 Tage meiner Abreise gaben sie nur noch einen Abschiedsschmaus im Spießhau­se, wo Hothes Sohn, unser Hummel, kurz die selbe Stadt zugegen war. Nach tische begleiteten sie mich mit Musik u. Bebewohlrufen bis zum Wagen, Hammel u seine Frau waren ganz glücklich über mich. Von Briefen gewißer Leute habe ich nur einen einzigen erhalten, ich hoffe es sind einige verloren gegangen. Ich selbst schreibe mer noch schwer mit meinem verwundeter Finger, der übrigens doch schon mehr als zur Hälfte heilst. Ich muß daher auch abbrechen. Adieu Grillparzer B. zeigt diesen Brief höchstens ganz vertrauten freunden, ich wur te nicht, daß Dinge, die ich schrieb, damit ihr sie wißt u auch freut, aus Eitel­keit und Ruhmredigkeit geschrieben scheinen. Ohne Datum.(1829) Liebe Freundin So sehr es mich erfreut hatte, in Ihrem Briefe etwas Be­stimmtes in Bezug auf Ihre Aussichten für die Zukunft zu finden, so waren mir doch diese Briefe darum nicht minder erfreulich. Denn erstlich scheint Ihr Zel, wenn es auch noch nicht erreicht ist, sich doch wenigstens zu nähern, dann haben die offenbar an jener Gemüthsstärke zugenommen, die und durchaus nothwendig ist, wenn wir etwas von Bedeutung erreichen wollen, Härte ist allerdings ein fehler, er verletzt Andere, schlaffe Weichmüthig­keit aber ist ein Vergehen gegen sich selbst, u zugleich gegen bildern, den wir können uns nicht selbst schaden, ohne zugleich die zu verlet­zen, die uns wohlwollen. Wir, die wir ein bestimmtes Ziel vor Augen haben, müßen kein Ergeben kennen, siegen, oder mit dem Degen in der Hand starben. Wenn mir durch den Lauf der Dinge nicht jede Herzens erleichterung widerlich, besonders jede Klage verfaßt geworden