Der Lungensucht recht gut gesungen haben. Ich war mit der Stadt Prag so zufrieden, daß die Einwohner darüber einigermaßen Gnade vor meinen Augen gefunden haben. Ich will ein Lobgedicht auf die Böhmen schreiben u darin sagen, man thue ihnen Unrecht sie Böhmen zu heißen Von trag nach Dresden mit Landkutscher. Stolz im Fond des Wagenssitzend die Fahrt angefangen, u demüthig auf dem Ausschlocke in Dresden beschloßen. Aus Unvorsichtigkeit gab ich einen Kutschenwechsel zu, u fand einen so engen Wagen, daß der Sitz auf dem Bocke noch der bequemste war. Den Kofferschlüßel verlören, gebethet, (geflucht wollt ich sagen.) In Draasden fand ich weder in der Stadt Berlin noch Wien anständige Unterkunft, ich nahme daher im Engel in der Wilsdrufer Straße, wo man in ein betracht, liches beßer ist als unter Errein Zimel. Schließet aus diesen Spaßen nicht, daß ich geter Laune bin, Dresden u seine Bewohner mißfallen mir bis jetzt noch so, daß ich heute Morgens schon ganz erstlich überlegte, ob nicht das beste wäre, geradenechs mirzukehren u nach Hause zu gehen. Wenn ich mich nicht geschämt hätte, wer weiß was geschehen wäre Leb wohl. Ich grüße alle. Vollt Ihr schreiben, so schreibt nach Berlin poste restante, Grillparzer. 9 Berlin am 9. Sept. 1825. Gott sei Dank, ich habe mich beim barbieren in den Finger geschnitten so zwar, daß(obschon die Wunde eigentlich nicht Todesgefährlich ist sich die Feder nur mit 2 Fingern halten kann u daher vernünftiger weise von mir nicht zu verlangen ist, daß ich irgend Briefe schreiben sollte. Meine Nachrichten werden daher sparsam u kurz sein, etwa wie folgende: Ich bin seit Mittwoch in Berlin, einnürde mich, befinde mich übrigens ganz wohl. Es regnet fast unaufhörlich, die Stadt ist groß, das Pflaster schlecht, meine Geduld klein. Ich spüre ein kleines Bischen Heimweh, schäme mich aber, es zu sagen. Montags wird die Sonntag zum erstenmale wieder auftreten, ich habe durch Protekzion einen Platz erhalten. Alles ist gespannt, man fürchtet 2 Partheien, da viele ihr das angenommene Engagement in Paris übel nehmen. Ich war in der Oper, man gab den Wauder. Bader ist kein Tenorist, er hat eine Weiberstimme. Steiner ist beschränkt die Seidler war sehr gut, eine 2ten Sängerin Mad. Valentini könte allenfalls in Wien eine 12 abgeben, die Chöre sind in Wien beßer. Meine Reise geht zu schnell, die vielen Gegenstände drücken mich, ich bin nicht immer vollkommen Herr meiner selbst. Das verdrießt mich. Ich werde mich in Berlin villeicht etwas länger aufhalten, als ich anfangs beabsichtigte, dafür aber nicht nach Hamburg gehen, u also doch den s wochentlichen Termin meiner Reise nicht um viel überschreiten. Das Schreiben wird allzu sauer. Lebe wohl, mein Kind u. grüße die Schwestern Grillparzer Loburg 5. Oktober 1826 Liebes Kind Aus dem Datum meines Briefes wirst du ersehen haben, daß ich mich zwar bereits auf der Rückreise, aber noch immer so weit von Wien entfernt befinde, daß der Anfangs für meine Heimkehr bestimmte Termin sich gewältig in die Lange gezogen finden wird. Ich gehe Morgen mit Tages anbruch nach Nürnberg